Nachdem die Ethikgruppen der 1. bis 4. Klassen im Herbst beim Gefängnis waren, kamen vergangenen Freitag ein Justizwachebeamter und ein Insasse des Justizanstalt Innsbruck an die Schule zu Besuch.
Sehr offen erzählte der Mann von den Gründen seiner Haft, von seinem Alltag zuerst in einer Zelle mit fünf bis sieben weiteren Gefangenen, die sie nur eine Stunde am Tag verlassen durften, dann von gelockerten Bedingungen in der dortigen Wohngemeinschaft mit Zugang zu Arbeit. Freimütig und sympathisch ging er auf die Fragen der Schüler:innen ein. Er berichtete von Maßnahmen und Momenten, die ihn besonders betroffen hatten, und von der Wut auf sich selber. Nachdenklich machten diverse Erzählungen, wie kurz der Weg ins Gefängnis sein kann, wenn sich die Umstände unglücklich ergeben.
Der Beamte erzählte viel Wissenswertes zum Aufbau und Ablauf in den verschiedenen österreichischen Justizanstalten, er klärte über Unterschiede und Gemeinsamkeiten zwischen Film und Wirklichkeit auf. Haftstrafen gelten in Österreich als Spezialprävention durch Resozialisierung, Sicherung und Abschreckung. Hier sehen sich Gefängnisse als Betreuungsanstalten im Gegensatz zu manch anderen Ländern, die das Modell der Verwahrungsanstalten vertreten.
Dementsprechend legt man auch Wert auf gegenseitigen Respekt. Herausfordernd ist das Zusammentreffen von Menschen aus über 30 Nationen, die unterschiedliche Zugänge zu Strukturen und Autoritäten haben. Viele der Häftlinge, so der Justizwachebeamte, haben einen Hintergrund mit psychischen Krankheiten oder mit traumatischen Erfahrungen bzw. schwierigen Kindheitsbedingungen.
Positiv aufgefallen ist der respektvolle Umgang der beiden Gäste miteinander, auch wenn beide glaubhaft versicherten, dass es auch anders sein könne, wenn es die Situation erfordert.
Das Schlussstatement des Gefängnisinsassen: Das Gefängnis ist definitiv kein Ort, an den man freiwillig hin will, und er wäre besser Justizwachebeamter geworden. Ein Weg, der ihm jetzt aber versperrt bleibt.
Text: Bragagna Ulrike